Unconventional petroleum systems in NW-Germany and the Netherlands : a 3D numerical basin modeling and organic petrography study

Bruns, Benjamin; Littke, Ralf (Thesis advisor); Kukla, Peter A. (Thesis advisor)

Aachen : Publikationsserver der RWTH Aachen University (2016)
Doktorarbeit

Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2014

Kurzfassung

In Zeiten rapide ansteigenden Energieverbrauchs hat sich die Fokussierung der Erdöl/-gasexploration zunehmend auf unkonventionelle Lagerstätten verlagert, da Funde neuer konventioneller Lagerstätten immer seltener werden und verbesserte Gewinnungsmethoden eine profitable Produktion aus diesen dichten niedrig-permeablen Lagerstätten erlauben. Basierend auf der erfolgreichen Exploration von und Produktion aus amerikanischen Schiefergas/-ölsystemen, stellt sich die Frage, ob ähnliche Systeme auch in Europa anzutreffen sind. Sedimentbecken in NW-Deutschland und den Niederlanden gehören zu den potentiell möglichen Regionen, in denen Schiefergasförderung aufgrund des Vorkommens von kreidezeitlichen (Wealden) und jurassischen (Posidonia) Mergel-/Tonsteinen sowie verschiedenen karbonischen Schwarzschiefern geologisch möglich erscheint.Anders als in konventionellen Reservoirs, in denen Gas hauptsächlich als komprimiertes "freies" Gas im Porenraum und Bruchgefüge vorkommt, kann in Tonsteinen ein signifikanter Anteil als "sorbiertes" Gas gespeichert sein. Die Sorption von Kohlenwasserstoffgasen (hauptsächlich Methan) in Tonsteinen bietet daher zusätzliche Gasspeicherkapazität zur "freien Gas"-Speicherkapazität im Porenraum. Die Sorption von Methan findet hauptsächlich im mikroporösen organischen Material (Kerogen) statt und wird durch den Gehalt an organischem Kohlenstoff (TOC), den Kerogentyp, die Reife, die Wassersättigung und zu einem gewissen Grad durch die anorganischen Gesteinsbestandteile (Tonminerale) kontrolliert. Numerische Modellierung von Kohlenwasserstoffsystemen (petroleum system modeling) ist das einzige Mittel, um Ergebnisse aus verschiedenen geologischen, geochemischen und geophysikalischen Analysemethoden, die für gewöhnlich in der Kohlenwasserstoffexploration angewandt werden, im Rahmen einer 4D thermo-tektonischen Rekonstruktion der Beckenentwicklung zusammenzufassen. Das Ziel dieser Studie ist daher die Kombination von Becken- und Kohlenwasserstoffsystemmodellierung mit petrophysikalischen und petrographischen Analysemethoden, um frühere Annahmen zur geodynamischen Entwicklung des Untersuchungsgebietes zu erhärten und darüber hinaus eine sinnvolle Abschätzung des regionalen Schiefergaspotentials vorzunehmen, mit der potentielle Explorationsrisiken im Vorfeld von Bohrungsaktivitäten minimiert werden können.Hierfür wurden für Nordwestdeutschland und die Niederlande hochaufgelöste 3D Modelle kompiliert, mit denen die Muttergesteinsreifung, basierend auf thermisch kalibrierten Versenkungsgeschichten, rekonstruiert werden konnte. Es wurden verschiedene basale Wärmeflussszenarien und davon abhängige, hochaufgelöste Erosionsszenarien konstruiert, die alle größeren Hebungsereignisse repräsentieren, die das Untersuchungsgebiet beeinflusst haben. Die Modelle stellen eine unabhängige Neubewertung der tektonischen und thermischen Geschichte dar, die die differentielle geodynamische Entwicklung kontrolliert hat und bieten ein hochaufgelöstes Bild der Reifeverteilung und -entwicklung in den verschiedenen Sedimentbecken des Untersuchungsgebietes. Die Druck-, Temperatur- und TOC-abhängige Gasspeicherkapazität der verschiedenen potentiellen Muttergesteine wurde basierend auf experimentell ermittelten Langmuir Sorptionsparametern und neu kompilierten Mächtigkeitskarten der Muttergesteine berechnet. Durch zusätzliche petrographische Analysemethoden, wie der Bestimmung der lithologischen Abhängigkeit von Vitrinitreflexion als Reifeparameter in hochreifen Sedimentgesteinen sowie der Nutzung des anisotropen Verhaltens von Vitrinit (ab einer Reife von 2% VRr) als Spannungs-/Dehnungsindikator, kann diese Studie außerdem zum Verständnis der Versenkungs- und Temperaturgeschichte des Niedersächsischen Beckens beitragen. Die RIS (Reflectance Indicating Surface) Analyse zeigt eine hauptsächlich negativ biaxiale Verteilung der Vitrinitreflexion, was auf das Fehlen einer thermalen Überprägung durch eine mögliche magmatische Intrusion (Bramsche Massiv) während der Oberkreide hindeutet. Stattdessen zeigt sich zusätzlich zum vertikalen Auflastdruck der Einfluss eines sekundären Spannungsfeldes, welches nicht orthogonal zur Schichtung liegt und mit der Inversion des Niedersächsischen Beckens zusammenhängt.Dieses Becken gehört zu einem gestaffelten Beckensubsystem gleicher geodynamischer Entwicklung, welches durch das gesamte Zentraleuropäische Beckensystem verfolgt werden kann. Einer der markantesten Aspekte seiner Entwicklung ist die starke Hebung und partielle Inversion während der Oberkreide, die letztendlich die Muttergesteinsreifung, Kohlenwasserstoffgenese, Migration und Fallenbildung kontrolliert hat. Besonders im Niedersächsischen Becken folgte auf tiefe Subsidenz eine starke Hebung mit maximalen Werten von 6800-8900 m erodierter Beckenfüllung (je nach modelliertem Szenario) während der Subherzynen Inversion.Modellierungsergebnisse, basierend auf Versenkungstiefen und -temperaturen, also entsprechenden Reifemustern der wichtigsten Muttergesteine, deuten auf das Niedersächsische Becken, den südlichen Gifhorn Trog und das Westniederländische Becken als prospektive Gebiete mit Schiefergaspotential hin. Für den Posidonienschiefer im Niedersächsischen Becken wurden Adsorptionskapazitäten (Adsorptionskapazität ist gegeben für die gesamte Schichtmächtigkeit im Bereich einer 1 km2 großen Rasterzelle) von 0.16*106 Tonnen und Gasgehalte von bis zu 82 scf/Tonne Gestein berechnet. Kapazitäten an den nördlichen und östlichen Rändern des Niedersächsischen Beckens, im Pompeckj Becken und Gifhorn Trog liegen bei 0.3*106 Tonnen. Im Westniederländischen Becken variieren die Werte zwischen 0.14-0.31*106 Tonnen. Im südlichen Gifhorn Trog und südwestlichen Westniederländischen Becken wurden durchschnittliche Gasgehalte von 95 scf/Tonne Gestein bestimmt. Adsorptionskapazitäten im Wealden sind proportional zur variierenden Schichtmächtigkeit und betragen maximal 3.45*106 Tonnen. Gasgehalte liegen bei 26 scf/Tonne Gestein für den Bereich der Ems und 45 scf/Tonne Gestein für den Bereich der Hunte.

Einrichtungen

  • Lehrstuhl für Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls und der Kohle [532410]
  • Fachgruppe für Geowissenschaften und Geographie [530000]